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beabsichtige, steht der letzteren Weise, Descartes zu lesen,
näher, obwohl ich mehr mit den Motiven der ersteren
sympathisiere. Ich werde Descartes nicht einfach als einem Menschen
seiner Zeit sein Recht verschaffen wollen, sondern fragen, was seine
Philosophie uns noch sagen kann. Zu diesem Zweck werde ich mich auch
mit Kritiken an der cartesischen Philosophie beschäftigen. Mein
eigenes Ziel ist aber nicht schon, Descartes, wo möglich, zu
kritisieren. Selbstverständlich bin auch ich nicht in der Lage,
Descartes' Schriften fraglos anerkennen zu können. Aber sofern
sich in ihnen etwas findet, das korrekturbedürftig ist oder
weiterentwickelt werden sollte, werde ich dies schlicht feststellen
und versuchen, auszuführen.Ich lege mehr Wert darauf,
mit Descartes
etwas anzufangen, auch dort, wo
Descartes selbst andere Wege zu gehen scheint. Es kann keine Pflicht
geben, in den Texten von Descartes die Fehler zu suchen und wenn ich
einige Fehler zu übersehen scheine, so bitte ich erstens darum,
dies nicht als Unachtsamkeit auszulegen. Ich beanspruche, was die
philologische Korrektheit angeht, wenigstens Folgendes:
-
Alles, was ich ausdrücklich Descartes entnehme, lässt sich
dort finden.
- Was ich ihm entnehme, ergibt ein kohärentes und
nicht eklatant lückenhaftes Bild.

Darüber hinaus werde ich, so
weit möglich, seine Thesen behutsam weiterentwickeln und
modernisieren. Im Rahmen dieser Versuche werde ich bisweilen weder
Descartes noch seine Kritiker erörtern, sondern
eigenständig Philosophie betreiben. Ich tue dies aber, um
Möglichkeiten aufzuzeigen, cartesische Gedanken heute neu zu
denken.Ich werde bei solchen Gelegenheiten, insbesondere in den
Abschnitten
3.2
(p.

) und
5.3 (p.

), etwa sagen, Descartes
habe dies ,eigentlich` gemeint oder er ,deute es an`. Es dürfte
kein Wunder sein, wenn das, was im Zuge einer solchen
Weiterentwicklung entsteht, vielmehr bei Kant, Hegel oder Heidegger
zu finden wäre, ohne dort nur angedeutet zu sein. Große
Philosophen haben genau dies getan: Descartes weiterentwickelt, so
wie sie Platon, Aristoteles und Augustinus weiterentwickelt
haben. Ich bitte daher zweitens darum, keine durchgängige
Ausweisung solcher Stellen bei anderen Philosophen von mir zu
erwarten. Wenn ich Descartes einen impliziten Gedankengang
zuschreibe, will ich nicht sagen, er habe vorweggenommen, was bei
Kant, Hegel oder Heidegger steht, sondern bestenfalls, dass Descartes
nicht zwangsläufig in einen Widerspruch zu Letzteren geraten
muss.
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