Vorsatz der dritten Meditation ist, sich als Denkender mit sich selbst bekannter und vertrauter zu machen: ... meipsum paulatim mihi magis notum et famliliarem reddere (AT VII 34,16) Mittel dazu ist das Selbstgespräch: ... meque solum alloquendo et penitius inspiciendo (34,16) Descartes stellt zunächst
wieder fest, daß er ein denkendes Ding sei, ego sum res cogitans
(34,18). Dieses denkende Ding ist offenbar solcher Art, daß
darin Weisen der Tätigkeit cogitatio sein können
(cogitandi modi - quatenus cogitandi quidam modi tantùm sunt,
in me esse sum certus, AT VII 35,1). Wichtig ist hier auch die
Bestimmung der res cogitans als vieles nicht wissend. Die
res cogitans tritt damit als Bedingung der Möglichkeit
einer Wissensprivation auf. Sie besteht nicht erst mit dem Wissen,
sondern bereits in der Möglichkeit, zu wissen oder nicht zu
wissen (Vgl. Heidegger, SuZ p. 12: "Möglichkeit seiner selbst, es
selbst oder nicht es selbst zu sein"). nempe res quasdam extra me esse, a quibus ideae istae procedebant, et quibus omnino similes erant (35,26). Wie kann daran gezweifelt werden? setzt nicht ein Zweifel auch die prinzipielle Verfügbarkeit eines Entscheidungsverfahrens über die in Zweifel gezogene Sache voraus? Wenn es aber um die Frage geht, ob die Dinge, wie ich sie nicht sehe, mit den Dingen übereinstimmen, wie ich sie sehe, scheint kein solches Verfahren angebbar. Bestenfalls können verschiedene Perspektiven auf eine Sache verglichen werden. Zweifeln kann ich an dem, was Geltung beansprucht. Descartes spricht hier von der Möglichkeit, einen thomistischen Wahrheitsanspruch auf adaequatio intellectu ad rem anzuzweifeln. Der Kern aber davon ist die Beanspruchung von Geltung. Die Geltung eines Satzes gewinnt in der thomistischen Auffassung lediglich die Form der Übereinstimmung mit dem wofür des Geltens. Aus zwei Gründen sind also Dinge bezweifelbar, wenn überhaupt:
In der ersten Meditation hatte Descartes systematisch jeden Anspruch einer Erkenntnisquelle zurückgewiesen, die mittelbar durch sich Erkenntnis über anderes vorstellt. Übrig blieb nur das unmittelbare. In der dritten Meditation liegt das Gewicht eher auf der Geltungsfrage. Was heißt es, Geltung zu beanspruchen? Geltung ist offenbar der weitere Begriff, sofern das 'ego cogito' gelten kann, ohne mittelbar oder vermittelt zu sein. Aber kann etwas unmittelbar gelten? Es gilt doch stets etwas als etwas. Etwas, das nur existiert, gilt nie (...). Wer sagt, daß 'Tatsachen' gelten, die nicht Werte sind, redet ungenau, ja, gedankenlos (Rickert, System der Philosophie I, Allg. Grundlagen, 1921, p. 121). Es gilt aber ja
nicht das ego, sondern zunächst, daß es ein
ego ist, das denkt (Heidegger). Dieses formell als Wert zu
charakterisieren, insofern es nämlich gilt, ist ein Schritt in
die richtige Richtung. Gerade normative Setzungen, im Gegensatz zu
Tatsachenbehauptungen, gelten unmittelbar, und nicht als etwas
anderes. Werte gelten wohl für etwas, aber nicht
als etwas. Die Geltung, die Descartes in Zweifel zieht, ist die
Geltung von etwas als etwas. Unzweifelhaft gilt weiterhin etwas
für etwas, solange es nicht als etwas anderen gilt. Zur Geltung gehört gehört
neben dem 'als' und dem 'wofür' auch ein Maßstab. Was
Descartes genauer in der ersten Meditation anzweifelt, ist die
Brauchbarkeit der Maßstäbe, anhand derer vermittelte
Erkenntnisse gelten. In diesem Sinne fällt der Maßstab des
Geltens mit der Adäquatheit des Mittels zusammen, über das
die Geltung legitimiert wird.
Um Bezweifelbares genauer von unbzweifelbarem abzusondern, teilt Descartes seine cogitationes in Klassen ein (AT VII 37,1). Was er herausfinden will, ist, in welchen dieser Cogitationes Wahrheit und Falschheit liegen. Meint er Wahrheit in dem Sinne, in dem auch 'ego cogito' wahr ist, oder vielmehr Wahrheit qua mittelbarer Geltung? in quibusnam ex illis aut veritas aut falsitas proprie consistat, inquiram (37,7) Die Einteilung der cogitationes geschieht wie folgt:
Descartes schreibt zu letzerem genauer: sed aliquid etiam amplius quàm istius rei similitudinem cogitatione complector (37,9-11). Das heißt, auch Ideen bereits schließen einen Anspruch auf Geltung ein, mit ihrem Gehalt stellen sie zugleich etwas vor, und sind daher in ihrer Geltung bezweifelbar. Was jetzt hinzukommt, ist der Vollzug des Geltenlassens, was mehr ist als der bloße Anspruch oder die Möglichkeit, zu gelten. Die Cogitationes, die derart mehr einschließen, teilt Descartes ein in
Zu urteilen, bedeutet im wesentlichen: weitere Handlungen an die akzeptierte Entscheidung anknüpfen (Luhmann?). Es besteht also Vermitteltheit in zweierlei Weise: (i) das Urteil vermittelt zwischen dem Sachgehalt einer Vorstellung und dem Gegenstand der Außenwelt, und wichtiger: (ii) das Urteil erlaubt, an Handlungen andere Handlungen anzuschließen und so mittelbar zu handeln. Im weiteren spricht Descartes über
die Ideen, ohne daß über ihren Geltungsanspruch entschieden
würde (si sola in se spectetur, 37,13 bzw. si tantum ideas ipsas
ut cogitationis meae quosdam modos consideram, 37, 25-7). Ideen,
derart an sich betrachtet, können nicht falsch sein. Sie bergen
bloß die Möglichkeit, in einer Aneignung durch das Denken
falsch gesetzt zu werden. Ihr Anspruch bewirkt auch keine Differenz
von Wahrheit und Falschheit, solange das Denken ausgeklammert wird,
das auf die Geltung sich verläßt. Ideen können so
lange nicht wahr oder falsch sein, solange 'man sie nicht auf
irgendetwas anderes bezieht' (nec ad aliud quid illas referam, AT VII
37,14 - Descartes vermeidet hier durch das Passiv die Rede von dem
ego, das den Anspruch bewerten könnte. non minus verum est me unam imaginari ... (37,16) Buchenau übersetzt 'ebenso wahr', Descartes schreibt allerdings 'nicht weniger wahr'. Was 'nicht weniger wahr' ist. braucht gar nicht wahr sein zu können. Descartes fragt also: Was kann wahr oder falsch sein, (1) ideae, si sola in se spectetur, (2a) Wille, Affekte oder (2b) Urteile? Genauer lautet die Frage: Haben wir Falschheit zu fürchten (falsitas est timenda, 37,18)? Ob wir Falschheit zu fürchten haben, wird in den ersten beiden Fällen wie folgt entschieden: Sofern überhaupt Wahrheit oder Falschheit in Betracht kommt, kann nur von Wahrheit die Rede sein Enscheidend ist, daß bei Urteilen die Wahrheit/Falschheit in anderer Weise in Betracht kommt. Daß ich so und so urteile, ist unmittelbar wahr, jedoch ist mittelbar wahr das Urteil, das ich fälle. Praecipuus autem error ... consistit in eo quòd ideas, quae in me sunt, judicem rebus quibusdam extra me positis similes esse sive conformes (AT VII 37, 22-5) Werden die Ideen auf anderes bezogen, so liefern sie die die Materie des Irrens (errandi materiam, 37,28). Wenn die Ideen nur als Modi des Denkens behalndelt würden, würden die keinen Stoff zum Irrtum abgeben (Suarez nennt den Gehalt der Ideen 'unmittelbar bekannt'). Descartes erläutert: Est nihilominus materia errandi, etiamsi eas ad nulla res extra me referam, cùm possim errare in ipsâ earum naturâ, ut si considerem ideam coloris, et dicam eam esse rem, qualitatem, seu potius ipsum colorem, qui per eam ideam repraesentatur, tale quid esse; ut si dicam albedo est qualitas, etiamsi illam ideam ad nullam rem extra me referam, ac dicam vel supponam nullum esse album, possem tamen in abstracto, etin ipsà albedine ejusque naturâ seu ideâ, errare (AT V 152). Die Irrtumsmöglichkeit liegt also nicht genau im Außenweltbezug, sondern in der Behandlung der Ideen als berechtigte Vorstellung von etwas. Die weitere Diskussion schränkt Descartes auf Ideen, si sola in se spectetur, ein. Vorläufig teilt er sie ein in
Hiermit ist nicht gesagt, daß
es von jeder Möglichen Art Ideen gibt; vielleicht sind auch alle
Ideen eingeboren oder selbstgemacht (AT VII 38,19). Diese Frage wird
anscheinend zurückgestellt. Descartes folgt weiterhin der Frage,
was uns am ehesten irren lasse: nämlich der Bezug der
ideae, die mir adventitiae scheinen, auf Dinge der
Außenwelt, für deren Abbild wir sie halten. Nempe ita videor doctus a naturâ. Et praetereaexperior illas non a meâ voluntate nec proinde a me ipso pendere; saepe enimvel invito obversantur: ut jam, sive velim, sive nolim, sentio calorem, etideo puto sensum illum, sive ideam caloris, a re a me diversâ, nempe abignis cui assideo calore, mihi advenire. Nihilque magis obvium est, quàm utjudicem istam rem suam similitudinem potius quàm aliud quid in meimmittere (38,14-22). (vgl. qualia.php.)
Was Descartes hiermit diskutiert, ist folgende These: Die Ideen ähneln den Dingen der Außenwelt, weil sie ja deren Ursache zu sein scheinen. Solche Ideen sind mir bewußt als Bilder von Dingen der Außenwelt, und daher liegt es nahe, ihre Verursachung durch Dinge der Außenwelt fraglos anzunehmen. Descartes weist aber darauf hin, daß die Erzählung einer Kausalgeschichte, die eine Kette von Vermittlungen zwischen Ding und Geist darstellt, nicht dazu benutzt wird und werden sollte, die Idee in ihrem Geltungsanspruch zu legitimieren. Eine Idee wird nicht einfach dann als wahr bewertet, wenn ihr Ursprung in kausaler Sprache aufgedeckt wird. Vielmehr spielen gerade für die Erzählung einer solchen Geschichte bereits andere Ideen eine Rolle. So lautet die entsprechende Geschichte im Fall der Idee der Sonne: Den Gesichtseindruck eines hellen Flecks am Himmel habe ich daher, daß weit weg ein unmermeßlich großer Feuerball seine Lichtstrahlen in meine Richtung sendet. Damit wird zwar erklärt, wie die sinnliche Idee der Sonne zustandekommt, aber gerade der Gehalt der sinnlichen Idee wird seiner Legitimität beraubt zugunsten der weniger sinnlichen Ideen von Lichtstrahlen, Feuerbällen und großen Entfernungen. ratio persuadet illam ei maxime esse dissimilem, quae quàm proxime ab ipso videtur emanasse (39,27-9). Die Verneinung der Ähnlichkeitsthese hat auch folgende Konsequenz: The object of my perception is (normally) a cause of it, but it is only one cause among quite a few, and it has no special standing in the causal explanation as such (Schmitter p. 383). (Vgl. auch Keating.) realitas obiectiva
Die objektive Realität einer Idee wird als Mittel eingeführt, sie von anderen Ideen unterscheiden zu können. Ideen unterscheiden sich nicht durch ihre Form, denn diese Form ist für alle lediglich, cogitatio einer res cogitans zu sein. Die Unterschiedenheit von Ideen wird nur durch den Gehalt dessen greifbar, was sie darstellen. Es gibt also an einer Idee notwendig dann einen Gehalt, wenn sie überhaupt als von anderen unterschiedene Idee besteht. Descartes hat bereits eine Idee seiner selbst als res cogitans. Da dies die Idee eines Wesens ist, das Ideen haben kann, ergibt sich zwangsläufig, daß diese anderen Ideen einen anderen Gehalt haben, auch wenn einfach wieder die Ideen einer res cogitans als Gegenstand sind. Allerdings ist uns der Gehalt unserer Ideen nicht in der Weise bekannt, daß wir ihn aus einer vermittelnden Instanz kennen, die Natur ihres Gehaltes kann also zwar unbedacht bleiben, aber nicht bezweifelt werden. Das, was die Ideen des Himmels, des Menschen, der Engel oder Gott voneinander unterscheidet, kann uns unmittebar bewußt sein, und offenbar sind diese Ideen voneinander verschieden: patet easdem esse ab invicem valde diversas (40,11). Darauf folgt unmittelbar das Argument: Nam proculdubio illae quae substantias mihi exhibent, majusaliquid sunt, atque, ut ita loquar, plus realitatis objectivae in secontinent, quàm illae quae tantùm modos, sive accidentia, repraesentant; etrursus illa per quam summum aliquem Deum, aeternum, infinitum, omniscium,omnipotentem, rerumque omnium, quae praeter ipsum sunt, creatorem intelligo,plus profecto realitatis objectivae in se habet, quàm illae per quas finitaesubstantiae exhibentur (40,12-20). Ein solches Argument ist heute nicht mehr unmittelbar verstehbar. Es muss gefragt werden:
In einen zweiten Schritt reformuliert Descartes die These, die er eben verworfen hatte, in angemessenerer Begrifflichkeit: Daß die Ideen eine vom Denken unabhängige Sache vorstellen, müsse eine Art Ursache außerhalb des Denkens haben. Zwar ist die res cogitans die Ursache der Ideen, indem sie die Substanz ist, deren Modi sie sind. Als Modi aber unterscheiden sich die Ideen nicht. Also muß eine von der res cogitans verschiedene Ursache der Unterschiedlichkeit der Ideen angenommen werden. Jam verò lumine naturali manifestum est tantumdem ad minimum esse deberein causâ efficiente et totali, quantum in ejusdem causae effectu. Nam,quaeso, undenam posset assumere realitatem suam effectus, nisi a causâ? Etquomodo illam ei causa dare posset, nisi etiam haberet? Hinc autem sequitur,nec posse aliquid a nihilo fieri, nec etiam id quod magis perfectum est, hocest quod plus realitatis in se continet, ab eo quod minus. Atque hoc nonmodo perspicue verum est de iis effectibus, quorum realitas est actualissive formalis, sed etiam de ideis, in quibus consideratur tantùm realitasobjectiva (40,21-41,5). Die Ursache einer Idee ist dabei nicht eine Ursache, die etwas dingliches hervorbringt, sondern die Ursache für die Änderung der modi cogitandi. If, as Aquinas held, a concept of a F-thing were formed by a process whereby the substantial form F inheres in hte intellect, which was only potentially F before, then concept-formation would also be the creation of a new substance. On Descartes' view the formation of a new idea - taken formally - ought to be considered a merely modal change (Schmitter p. 380). Die Ursache der Unterscheidbarkeit meiner Ideen muß 'mindestens genauso viel objektive Realität enthalten' wie die Ideen selbst. nisi in me posita sit ab aliquâ causâ, in quâ tantundem ad minimum sit realitatis quantum esse in calore vel lapido concipio (41,12-4)(1) Was heißt hier Realität? Gewöhnlich verwendet Descartes den Begriff nicht ohne Beiwort (Hist Wb.). Die Realität muß formaliter vel eminenter genausoviel Realität enthalten (41,7 und 165,10-13), d.h. es muß ein solches Quantum an Realität in der Ursache vorhanden sein, daß es an die Stelle der formal vorhandenen Realität treten kann (Buchenaus Übersetzung von AT VII 161,10-3). Mittelbar heißt das: Es ist dort etwas, was die Unterscheidbarkeit meiner Ideen bewirken kann, indem es so wirkt wie etwas, das actualiter so unterschieden ist (actualiter sive formaliter: AT VII 47,23). Die Forderung, die Realität müsse eminenter in der Ursache sein, ist allgemeiner: auch etwas actualiter so unterschiedenes wirkt so, als wäre es derart unterschieden. (2) Warum muß es mindestens ebensoviel Realität sein? (a) Vielleicht spricht Descartes mehrdeutig. Einerseits würde 'objektive Realität' bedeuten: 'Unterscheidbarkeit hinsichtlich des Gehaltes einer Idee', andererseits bedeutet 'Realität' (ohne Beiwort) schlicht: wirkliche Existenz in der Welt. Descartes schriebt etwa: quia omnis idea causam suae realitatis objectivae habere debet realiter existentem (165,14-5) Warum kann auf eine realiter existierende Ursache geschlossen werden? Unterschiede sind stets Unterschiede von etwas. Die Unterschiede meiner Ideen haben dieses etwas, ihr Material, das sie unterscheiden, nicht allein aus meiner Denktätigkeit. Qua Produkte der Denktätigkeit unterscheiden sie sich nicht voneinander. Die Forderung, es müsse dann etwas existieren, das einen Unterschied bewirkt, ist relativ unschuldig. Sie gehört in die Reihe der Forderungen an jede Unterscheidung:
Nun stammt aber die materia errandi nicht aus mir qua causa
efficiens. Bewirkt durch ein mir äußeres ist also (i) der
Unterschied als motivierter, (ii) das Material des
Unterschieds. Moderner: (i) die Intension, (ii) die Extension des
Unterschieds. (b) Ursache eines Unterschiedes, auch eines Gradunterschiedes, kann nur selbst wieder ein entsprechender Unterschied sein. AT VII 41,23-4 spricht Descartes davon, die Ursache einer Unterscheidung müsse genausoviel objektive Realität enthalten, d.h. sie muß genauso 'stark' unterschieden sein. Die Ursache scheint hier etwas zu sein, das selber wieder objektive Realität haben muß, von objektiver Realität spricht Descartes aber nur in Bezug auf Ideen (161,4). Ideen können die Ursache weiterer Ideen sein (una idea ex aliâ nasci possit, AT VII 42,6), allerdings kann ihre Unterscheidbarkeit auch durch formale Realitäten verursacht sein (42,10). Eine formale Realität scheint ein entsprechender Unterschied von Dingen an sich selbst zu sein: sed tandem ad aliquam primam debet deveniri, cujus causa sit instar archetypi, in quo omnis realitas formaliter contineatur, quae est in ideâ tantùm objective (42,8-11) D.h. dieselbe Unterscheidbarkeit, die den Bedeutungsgehalt der Idee ausmacht, ist Form von etwas. Die Ursache der Idee eines Kugelschreibers ist etwas, das die Form eines Kugelschreibers hat. Gilt das ex nihilo nihil fit? Es lautet quod nihil nequeat esse causa efficiens rei (163,1). (Siehe AT III
505.) Das reine Sein und das reine Nichts ist also dasselbe. (...) Ihre Wahrheit ist also diese Bewegung des unmittelbaren Verschwindens des einen in dem anderen: das Werden; eine Bewegung, worin beide unterschieden sind, aber durch einen Unterschied, der sich ebenso unmittelbar aufgelöst hat (WdL 1,1,C,a) Einleuchten könnte folgendes: Alles hat eine Ursache, d.h. genauer: jede Veränderung hat eine Ursache. Allegemeiner gefaßt: jede Unterschiedlichkeit hat einen Grund. Unterschiede haben einen Grund in zwei Weisen: (i) ein Motiv (Spencer Brown), (ii) eine Grundfläche, von der das Unterschiedene beiderseits abgehoben wird (Hegel, WdL, Lehre vom Wesen 1,3). Ergänzt werden muß noch: Jede Unterscheidung hat einen Grund in einer weiteren Unterscheidung Unmittelbar folgt dies, da jede Unterscheidung eine Unterscheidung zwischen Unterschiedenheit und Nichtunterschiedenheit voraussetzt; aber diese Unterscheidung muß nicht denselben Gehalt haben. Außerdem muß noch mehr gefordert werden: Jede Unterscheidung hat einen Grund in einer Unterscheidung, die mindestens ebensoviel 'Unterschied macht'. Aber was heißt es, mehr oder weniger viel Unterschied zu machen? Die Unendlichkeit ist weder formaliter noch eminenter in mir enthalten. Formaliter nicht, weil ich endlich bin. Eminenter nicht, weil dies hieße, ich könnte die (aktuale) Unendlichkeit hervorbringen. Unendlichkeit ist nicht bloß als negativ bestimmt zu denken:manifeste intelligo plus realitas esse in substantiâ infinitâ quam àm in finitâ (45,25-6) Dies ist nicht unmittelbar einleuchtend, und sollte begründet werden. priorem quodammodo in me esse perceptionem infiniti quàm finiti (45,28-9) Das Argument könnte
also lauten: etwas als endlich zu bestimmen, heißt, bereits
über dessen Grenzen hinaus zu sein. Vielmehr setzt der Begriff
der Endlichkeit selbst ein darüber Hinausgehen voraus. Es
muß sobald ich mich als endlich bestimme, eine idea entis
perfectioris in mir sein (46,2), ex cujus comparatione defectus
meos agnoscerem (46,4, siehe AT V,
153). sufficit me hoc ipsum intelligere (AT VII 46,23) Mit jeder positiven Bestimmung wird die Negation als Möglichkeit gedacht. Damit folgt aber noch nicht die Existenz eines unendlichen Wesens. Weil ich mich selbst als sterblich erkenne, folgt auch nicht die Unsterblichkeit eines anderen existierenden Wesens. Gerade das Unterschiedslose, Unendliche könnte 'nichts' sein, da es ja keine Bestimmung hat. Über das Nichts schreibt Descartes: animadverto non tantùm Dei (...), sed etiam, ut ita loquor, nihili, sive ejus, quod ab omni perfectione summe abest (...) et me tanquam quid inter Deum et nihili (54,13-7) Die Idee des Nichts ist also gleichursprüglich mit der Idee Gottes. Die Idee der unvollkommenen res cogitans ist einerseits durch die des Nichts, andererseits durch die Gottes eingrenzbar. Das Nichts ist bloß das negative Extrem der Absolutheit. Das Nichts zu denken, heißt also auch, Gott zu denken. Descartes bringt aber auch ein Argument, daß das Wirkliche einen Primat vor dem Möglichen habe: Ac denique percipio esse objectivum ideae non a solo esse potentiali, quod proprie loquendo nihil est, sed tantummodo ab actuali sive formali posse produci (AT VII 47,20-3). Dies erinnert an Aristoteles' Metaphysik, 1049b5, in der es heißt: ... offenbar [ist], daß die Wirklichkeit (energeia) früher (proteron) ist das Vermögen (dunamews). Aristoteles schreibt, die
Wirklichkeit sei dem Begriffe (logw) und dem Wesen nach
(tê ousiâ) früher, nicht aber notwendig der
Zeit nach. (nicht alles möglich muß wirklich sein:
1071b13.) In diesem Sinne wird das, was für die Erkenntnis
früher ist (tê gnwsei), so behandelt, als sei es
früher schlechthin (1018b30). Dem Wesen nach früher ist
wiederum das, was ohne ein anderes sein kann (1019a3), also ist etwa
die cartesische Substanz früher als ihre Akzidentien. Nam contrâ, unitas, simplicitas, sive inseperabilitas eorum omnium quae in Deo sunt, una est ex praecipuis perfectionibus quas in eo esse intelligo (AT VII 50,17-9) Das absolut Eine kann als solches nicht Produkt einer Addition sein. Leibniz kritisiert: Descartes habe zwar bewiesen, daß es Gott gebe, sofern wir die Idee Gottes hanben, aber nicht, daß wir diese Idee haben müßten. Modern reformuliert:
Alternativ könen die folgenden Prämissen verwendet werden:
(Warum die
objektive Realität nicht aus dem ego allein stammen kann,
verdeutlicht Cronin. Zum Kausalprinzip:
AT VII 135 und 165.)
Daß nicht genau die Existenz des biblischen Gottes bewiesesn ist, gesteht Descartes gewissermaßen ein: hinc necessario sequi, non me solum esse in mundo, sed aliquam aliam rem, quae istius ideae est causa, etiam existere (42,22-4). Anmerkungen
|